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Zur aktuellen Situation des Schwarzstorchs im Fichtelgebirge (Oberfranken)

Brutmännchen "Torres" bewacht seinen Nachwuchs an einem traditionellen Brutplatz im Zentrum des Fichtelgebirges. Der Bursche wurde...

Sunday, December 31, 2023

Zur aktuellen Situation des Schwarzstorchs im Fichtelgebirge (Oberfranken)

Brutmännchen "Torres" bewacht seinen Nachwuchs an einem traditionellen Brutplatz im Zentrum des Fichtelgebirges. Der Bursche wurde 2018 in nur 25 km Entfernung zum jetzigen Brutnest seinerzeit von mir nestjung beringt und befand sich zum Zeitpunkt der Aufnahme demzufolge im 5. Kalenderjahr (KJ) - Fichtelgebirge, 13. Juni 2022.
Neben den noch laufenden Brut- und Nahrungshabitat-Analysen zählt die umsichtige Beringung der Jungstörche in Oberfranken und der Oberpfalz unvermindert zu einem wesentlichen Baustein, um profunde Rückschlüsse zum Ansiedlungsverhalten, zur Mortalität an den Brutplätzen und auf den uns bekannten Zugrouten dieser waldbewohnenden Großvogelart ziehen zu können.


Dieses Brutmännchen namens "Pavel" zählt inzwischen zum treuesten Wegbegleiter im Fichtelgebirge. Seit mindestens 2016 nutzte er bislang dieses Kiefernnest - bzw. ein 2 km entfernt liegendes Fichtennest (Ausweichnest bei Störungen) zur Brut. Der Geburtsort von "Pavel" befand sich beachtliche 307 km westlich der jetzigen Brutstätte im Zentrum der Tschechischen Republik. Zum Zeitpunkt der Aufnahme am 29. Mai 2022 zeigte er sich im 13. KJ. 
"Pavel" überwintert regelmäßig in den Reisfeldern südlich Sevilla. Im Winter 2013 gelang es spanischen Freunden und mir ihn dort vor Ort während einer Bestandsaufnahme zu beobachten. Diese Westzieher, mit einem Überwinterungsplatz auf dem europäischen Kontinent, sind dann auch im zeitigen Frühjahr die ersten eintreffenden Brutstörche im Revier (u.a. "Pavel" am 27. Februar 2022).

Zur aktuellen Situation des Schwarzstorchs im Fichtelgebirge 2023 & 2024

Auszüge einer erarbeiteten Expertise (aufgrund der Urheberrechte ist das Kopieren von Textpassagen und Bildern ohne Zusage des Autors untersagt):

"Brutstatus und Bewertung von Brut- und Nahrungshabitaten gegenwärtig besetzter Schwarzstorch-Brutplätze mit pragmatisch ableitbaren, forstlichen Schutzmaßnahmen im FB Fichtelberg"

(Die Ausführungen sind gleichzeitig als Anregung/ Strategieplan für ein zwingend erforderliches Schwarzstorch-Artenhilfsprogramm zu verstehen - unabhängig von § 45d "Nationale Artenhilfsprogramme" in Verbindung mit Anlage 1 gem. § 45b BNatSchG)

Die Ausgangslage

Die BaySF, hier über das spezielle Engagement des FB Fichtelberg, veranlasste eine artspezifische Untersuchung des Schwarzstorchs (Ciconia nigra) im Herzen des Fichtelgebirges (Oberfranken). Die Forderungen nach einem Brut- und Nahrungshabitatschutz innerhalb der relevanten Forst-Kulissen von 157 km2 im FB ergeben sich aus einem unerlässlichen Lebensraumschutz dieser international besonders gefährdeten, waldbewohnenden Großvogelart. Die artenschutzfachlichen und -rechtlichen Argumente begründen sich ferner anhand des Anhang I der EG-VSRL (Richtlinie 2009/147/EG). 
 

Eine mit Bedacht gewählte Erhebung belegter Brutreviere des Schwarzstorchs dient eigens dem FB Fichtelberg als Fundament für eine praxisorientierte Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen im Wald. 
Für jene ermittelten Brutplätze sind im FB die Strukturen der essentiellen Brut- und Nahrungshabitate näher zu ergründen. Mithilfe ausgearbeiteter Schutzstrategien und Entwicklungsmaßnahmen soll schließlich dieses unentbehrliche Zusammenspiel, insbesondere bei registrierten Habitat-Defiziten, stabilisiert bzw. mit fachlichen Hinweisen/ Empfehlungen wieder umsichtig und pragmatisch aufgebaut werden.
Am Ende münden die skizzierten Lebensraumanalysen und die sich daraus ableitenden Handlungsempfehlungen für den Brutplatz- und Nahrungshabitatschutz des Schwarzstorchs in eine sachbezogene Arbeitshilfe für den FB Fichtelberg. 

Hinweise und Methodik

Die gegliederten Analysen konzentrieren sich auf den zentralen Bereich des durchweg forstlich bewirtschafteten Fichtelgebirges, einem geschlossenen Waldareal des FB Fichtelbergs mit den repräsentativen Charakteren eines Mittelgebirges. Mannigfaltig eingelagerte Quellmoorbereiche kennzeichnen u.a. das Untersuchungsgebiet (UG). Sie sind besonders auf das feuchte Mittelgebirgsklima mit einer jährlich registrierten Niederschlagsmenge von bis zu 1.300 mm angewiesen. Sensibel reagierende Quellzonen bilden zugleich die vornehmliche Lebensader für eine Vielzahl von im Fichtelgebirge entspringenden Bachläufen. Die artspezifisch auf die Hochmoore und Bäche ausgerichtete Flora und Fauna findet auf den Höhenlagen diese essentiellen Lebensräume mit den passenden Synergien. 

Das im UG aufgrund einer mittleren Jahrestemperatur von nur 5-6°C eher als rau einzustufende Gebirgsklima stellt vor allem bei den für die im zeitigen Frühjahr avisierten Erfassungen des thermikabhängigen Schwarzstorchs eine wiederholte Herausforderung dar (essentiell für die akkuraten Revier-Zuweisungen).

Zunächst wurde eine erste Teilfläche des UG im östlichen Teil des FB Fichtelbergs ausgewählt.

Für eingeteilte Beobachtungssektoren werden gebietsspezifisch darauf ausgerichtete Beobachtungspunkte festgelegt. Jene Checkpoints (CP) werden so gewählt, dass die bekannten und potentiellen Bruthabitate entsprechend den geomorphologischen Voraussetzungen vor Ort stets im Blick und verwertbare Revierflüge inkl. ein Revierzentrum für den Schwarzstorch präziser einzugrenzen sind. 

Als optische Hilfsmittel kommen die Handgläser von Swarovski EL 8x32 bzw. EL 12x50 in Kombination mit einem Spektiv von Swarovski (30-40-faches Weitwinkelokular) zum Einsatz. Im Bedarfsfall wurden Belegaufnahmen mittels geeigneter Fotoausrüstung angefertigt (600-840 mm Festbrennweite).


Abb. 1: Übersichtskarte vom Projektgebiet des FB Fichtelberg mit den gesplitteten und geplanten Kartierungsjahren 2023 und 2024.

 

Methodisch ist aufgrund der geschlossenen Waldstrukturen des Fichtelgebirges, verbunden mit den wiederholt topografisch-diffizilen Verhältnissen, die richtige Auswahl der Beobachtungspunkte für eine erfolgreiche Schwarzstorch-Reviererkundung im Gelände essentiell.
Dementsprechend werden für die festgelegten Ansitzsektoren zunächst sehr raumgreifende und nach Möglichkeit exponierte Beobachtungspunkte gewählt. Abb. 2 und 6 verdeutlichen den weiträumigen Blick auf einen Sektor des UG. Diese mit einem Panorama von ≥ 180° ausgestatteten CP (Version A) befinden sich aber nicht selten 3-4 km vom geschlossenen Waldareal entfernt. Lassen sich von dieser Position aus die ersten Verdachtsmomente für ein belegtes Schwarzstorch-Revier feststellen, wird als Folgeschritt ein zum potentiellen Brutstandort näher anliegender Beobachtungsstandort in der Waldkulisse gesucht (Version B, siehe Abb. 3 und 4). haushaltsmäßig
Nur mittels einer derartig herantastenden Vorgehensweise können in extrem knifflig zu analysierenden Mittelgebirgslagen, wie dem Fichtelgebirge, Schwarzstorchbrutplätze erkundet werden. 
Treten sogenannte Störungsjahre auf, wie augenblicklich in 2023 belegt, dann schrumpfen die Erfolgsaussichten für eine erfolgreiche und zugleich flächendenkende Erfassung gleichwohl um ein Vielfaches (siehe weiter unten). Reihen sich ferner ungelegene Schlechtwetterperioden während des engmaschigen, phänologisch abhängigen Ansitz-Zeitfensters mit fehlenden Ausweichalternativen ein, so werden die Chancen für eine umfassende Prüfung zusätzlich boykottiert. 


Abb. 2: Die richtige Wahl des Beobachtungspunktes ist die Schlüsselstelle für eine aussichtsreiche Aufnahme besetzter Schwarzstorch-Reviere. Zunächst müssen übersichtliche Plätze der „Version A“ ausgewählt werden. Bedingt durch die teils sehr komplizierten topografischen Bedingungen des Fichtelgebirges lassen sich nur sehr wenige solcher komfortabler Standorte finden. Wenn ermittelt, dann müssen immer wieder Distanzen von bis zu 6 km zum Waldsektor überbrückt werden. Eher suboptimale Voraussetzungen für eine vollständige Reviererfassung im UG. Aufgrund der überwiegend beträchtlichen Aktivitätspausen beim Schwarzstorch – Beobachtungen/ Nachweise im Revier wiederholt erst nach 3-4 Stunden – beanspruchen die Untersuchungen hohe Anforderungen. Die Ansitze müssen hochkonzentriert über einen längeren Zeitraum (in der Regel ≥ 6 h) erfolgen, um wirklich erfolgreich bei den Revierergründungen agieren zu können.    

Abb. 3: Ermittelter Beobachtungspunkt der „Version B“ inmitten des vermeintlichen Brutwaldes im UG 2023. Nur mithilfe solcher Freiflächen (in der Regel sogenannte „Käferlöcher“ nach einer Kalamität) lassen sich die infrage kommenden Seitentäler mit einbeziehen. Durch das eingeschränkte Gesichtsfeld sind es immer wieder nur wenige Sekunden, die dem Beobachter zur Verfügung stehen, um den ein- oder abfliegenden Brutstorch genauer zu lokalisieren bzw. zu verfolgen. Des Weiteren sind erfolgreiche Lokalisierungsflüge (engere Eingrenzung des Standortes in der Waldabteilung für eine erwägbare Brut) merklich von den Wetterkonditionen abhängig. Stabile Hochdruckwetterlagen fördern die Ergebnisse jener Ansitzverfahren im UG.


Abb. 4: Frischer Kahlhieb in Hanglage (CP der Version B - CP „Hirschgarten“ mit Blick zum Rotenfels). Derartige Freiflächen-Hinweise, wie hier vom zuständigen Revierleiter vor Ort freundlicherweise erhalten, sind für die laufenden Analysen von elementarer Bedeutung.

 

Abb. 5:  Strategie-Beispiel bei des Auswahl von Beobachtungspunkten für die aufmerksame Sondierung eines Sektors, nachfolgend mit einem Revierverdacht im UG 2023.


Regional bereits etablierte Schwarzstorchvorkommen sowie bislang unentdeckte Brut- und Revierpaare des Fichtelgebirges charakterisieren sich generell durch:

  • Brutpaare mit einem festen Brutplatz, in der Regel ohne Störungen und wiederholt erfolgreichen Bruten, ansonsten ist auch die Nutzung eines Wechselnestes möglich: Solchen Paaren sind die Nahrungsplätze des UG bereits aus den Vorjahren bestens bekannt; 
  • Brutpaare mit einer abgebrochenen bzw. gestörten Brut: Sie vagabundieren nachfolgend umher, bauen ggf. noch im Sommer (Juli/ August) ein neues Nest, was sie im Folgejahr dann nicht selten beziehen können. Sie sind regelmäßiger Nahrungsgast an geeigneten Nahrungshabitaten im UG;
  • Revierpaare mit einem festen Revier, diese Paare finden sich erst im Verlauf der Brutzeit, schreiten nicht mehr zur Brut: Sie führen Revierflüge durch, oft gemeinsam, sondieren zusätzlich das Umfeld auf taugliche Nahrungsgründe und besuchen besetzte Nachbarreviere im UG;
  • revierhaltende Einzelstörche/ Nichtbrüter: Diese besetzen nicht selten erst Ende April/ Anfang Mai das UG und stören mitunter das Brutgeschäft benachbarter Brutpaare, nutzen regelmäßig dieselben Nahrungsareale und wandern nicht selten schon Anfang Juli aus dem UG ab.

Es bedarf weiterer umfassender Kenntnisse, um die Feinheiten einer oft nur sehr kurzzeitigen Schwarzstorchbeobachtung mühelos einzuordnen, insbesondere:

  • ob es sich um einen brutreifen Altstorch handelt - in der Regel brüten Schwarzstörche ab dem 4. Kalenderjahr, können aber auch schon im 3. Kalenderjahr erfolgreich reproduzieren, daher ist die sichere Ansprache des Alters zwischen dem 2. und 3. Kalenderjahr inkl. der Mauserzyklus zu beherrschen;
  • ob z.B. beide Störche wirklich ein Paar im Luftraum bilden. Nicht selten kommt ein fremder Storch zum Revierpaar und fliegt mit einem dieser Revierinhaber z.T. auch länger im vermeintlichen Synchronflug, täuscht also ein Paar an falscher Stelle vor;
  • welcher Altstorch bei gleichzeitig z.B. drei kreisenden Störchen im Luftraum der Fremdstorch ist;
  • ob der Altstorch zur Brutablösung fliegt/ oder kommt;
  • ob der Altstorch einen gezielten Fütterungsanflug durchführt/ oder von der Fütterung kommt und wieder auf Nahrungssuche geht;
  • ob ein beobachteter Altstorch als Nichtbrüter einzustufen ist, usw.

Abb. 6: Blick vom CP „Klausenturm“ (Version A) auf Mehlmeisel – dem Zentrum des UG im FB Fichtelberg – 22. September 2022.


Abb. 7: Synchronflug eines Paares mit seinem kennzeichnenden Revier-Flaggen - dem Präsentieren der schneeweißen Unterschwanzdecken. Das Paar vertreibt auf dem Foto einen anfliegenden Eindringling (Fremdstorch). Nur 200 m entfernt befindet sich ein erfolgreich besetztes Nest. Diese Beobachtung fand außerhalb des UG im „Hessenreuther Wald“ (Oberpfalz) statt, dokumentierte aber eindrucksvoll das angeführt facettenreiche Verhalten des Schwarzstorchs während der Brutzeit. Oft sind allerdings Nachweise aus größerer Entfernung im Vergleich zu dem hier präsentierten Verhalten dann nicht immer sicher zuzuordnen und erschweren folglich die Auswertungen für eine gesicherte Statusangabe in den gewählten Sektoren.

Abb. 8: "Moos-Transporter" kurz nach Sonnenaufgang... Schwarzstörche suchen und sammeln ihr Nistmaterial mit Schwerpunkt vormittags im direkten Nestumfeld (30-80 m). Sie nutzen aber auch zuweilen die Aufenthalte während der Nahrungssuche abseits ihrer Brutplätze, um dann mit Vorliebe Moos oder Grassoden als "Beifang" für ihre Rückflüge zum Nest noch aufzunehmen. Dabei ließen sich während parallellaufender Verhaltensstudien teils beachtliche Distanzen von mehr als 2,5 km zwischen Nest und „Moos-Aufnahmeplatz“ ermitteln. Dieser Altstorch sammelte sein Moospolster an einem frostigen Morgen in nur 60 m Entfernung zum Nest auf.

Erste Ergebnisse

Zwischen März und September 2023 erfolgten die ersten zielorientierten Schwarzstorch-Analysen für den FB Fichtelberg. Die Untersuchungen starteten im östlichen Teilareal (Abgrenzungen und Aufteilung siehe Abb. 10).
Bereits bei den ersten Ansitzen und Revierkontrollen deutete sich im zeitigen Frühjahr bedauerlicherweise ein sogenanntes Störungsjahr bei den Schwarzstörchen im Naturraum des Fichtelgebirges an.
So blieb selbst Ende April dem Gros der traditionellen Revierstandorte im FB Fichtelgebirge eine erfolgreiche Belegung immer noch verwehrt. Möglicherweise traten lokale Komplikationen während des Heimzuges auf. Maßgebende Wandlungen ließen sich für dieses Dilemma hinsichtlich einer vollständigen Reviererfassung leider auch im weiteren Saisonverlauf nicht feststellen. 
Die Pegelstände der im Frühjahr noch akzeptabel wasserführenden Fließgewässer sanken ab Juni nach regional längeren Trockenperioden in den folgenden Sommermonaten teils empfindlich. Die Oberläufe der Quellregionen trockneten gebietsweise aus und die Nahrungsressourcen erlitten partiell auch für den Schwarzstorch folgenreiche Einschnitte. 
 
Obgleich umfangreicher Ansitze zu mehrheitlich annehmbaren Wetterkonditionen fehlten 2023:
  • die charakteristischen Revierflüge (Thermik-Synchronflüge über den Brutplätzen, inbegriffen u.a. Weihenflüge, Flaggen und Flugbalzrufreihen);
  • die typischen Nestanflüge des Paares nach einer vorausgehend oft längeren Flugbalzphase bei optimalen Thermikbedingungen („Fallschirm-Einflüge“ am Brutplatz);
  • die repräsentativen Fütterungsanflüge (vor allem ab Ende Mai bei erfolgreichen Bruten);
  • die klassischen An- und Einflüge, auch mit Nistmaterial (sie stützen den Brutstatus im Revier);
  • die bezeichnenden Flugschulen im Juli/ August (die Brutstörche erschließen gemeinsam mit ihren flüggen Jungstörchen den Luftraum und die Nahrungsgründe des Brutreviers);
 
Abb. 9: Der Uhu zählt in den Höhenlagen des Fichtelgebirges zu den Hauptprädatoren des Schwarzstorch-Nachwuchses. Er nutzt zugleich inmitten der Reviere vorhandene Nester des Schwarzstorches zur Brut (hier zwei halbwüchsige Uhus) – 07. Mai 2023. 



Abb. 10: Gegenwärtige Verteilung der bekannten Schwarzstorchvorkommen im FB Fichtelberg. Allerdings gab es im 2023 näher untersuchten östlichen Teilbereiches von den fünf bekannten Revieren nur eine erfolgreiche Brut mit einem ausgeflogenen Jungstorch zu verzeichnen. Auffällig, dass die verbliebenen vier Revierplätze nur von Einzelstörchen erschlossen wurden.
  
Status quo für ein kontrolliertes Schwarzstorch-Revier (Abkürzungen):
  • n.b.     Revier/ Nest ist nicht besetzt, auch kein Einzelstorch im Revier/ am Nest beobachtet (Kontrollumfang zur Status-Bestätigung eines Reviers mindestens 4 Tage á 6 Ansitz-/ Begehungsstunden);
  • o.K.    ohne Kenntnisse, RevierNest nicht hinreichend kontrolliert, Status in dem Jahr                   unbekannt;
  • E         Einzelstorch sucht das Revier/ Nest während der Brutzeit auf - es ist jedoch nicht                   immer sicher abzuleiten, ob es sich dabei um den ansässigen Reviervogel handelt (Fotobelege mit entsprechenden Auswertungen können wichtige Hinweise liefern);
  • Pa       Paar anwesend, jedoch kein konkreter Bruthinweis, bzw. Brutverlauf bleibt ungeklärt, die bekannten Nester sind nicht in Benutzung, ein neues (bis dato unbekanntes) Brutnest kann jedoch nicht immer ausgeschlossen werden (Kontrollumfang zur Status-Bestätigung siehe „n.b.“);
  • Po       Paar ohne Brut, Paar definitiv anwesend, schreitet jedoch im weiteren Verlauf nachweislich nicht zur Brut, Paar ist nicht permanent am Nest;
  • BPo     Brut ohne Erfolg, besetztes Nest, Paar schreitet zur Brut, Brutverlauf verläuft jedoch nachfolgend negativ: a) zunächst begonnene Brut inzwischen abgebrochen; b) geschlüpfte Jungstörche sind verschwunden; c) als Ästling verschollen; d) bereits flügge Jungstörche nachfolgend verschwunden, verantwortlich für BPo sind in der Regel anthropogene Störungen, klimatische Einflüsse, ein plötzlicher Partnerverlust oder die Prädation der Jungstörche (primär verursacht durch Uhu und Habicht im Fichtelgebirge);
  • BPm2   Brut erfolgreich – die Jungstörche fliegen definitiv aus, Beispiel BPm2 = 2 Jungstörche fliegen erfolgreich aus;
 

Abb. 11: CP „Plattengipfel“ 883 m über N.N. (Blockhalde) - Version A – mit Blick nach Osten über den Tröstauer Forst. Derart exponierte Plätze können nur bis zu einer Windstärke von ≤ 3 Bft. und milden Temperaturen (ab 12°C) für eine längere Beobachtungszeit (≥ 4 Stunden) für die Analysen genutzt werden - 23. September 2022.


Abb. 12

Abb. 13

Abb. 12 und 13: Zwei typische Beispiele für vorzeitige Ausfälle noch nicht flugfähiger Jungstörche (hier ca. 6.-7. Woche). In nur wenigen Fällen sind die richtungweisenden Abdrücke an den Federkielen der Jungstörche für eine eindeutige Zuweisung des Prädators im Nachgang ungeeignet. Treten solche Konstellationen auf, bleibt es meistens ungeklärt, ob es sich um einen Riss handelte: in dem Alter können nur noch geschwächte oder verletzte Junge vom Marder im Nest gerissen werden (in Mittel- und Norddeutschland sind es primär Waschbären), bzw. es werden aus dem Nest abgestürzte Jungen/ Überreste von einem Raubsäuger nachträglich am Boden noch gerissen – oder, ob es vielmehr eine Rupfung einer prädierenden Großvogelart betraf: hier kommen vor allem Uhu und Habicht infrage (in Norddeutschland zunehmend Seeadler). Abb. 12 (links): Hier berührt es einen nachträglichen Riss (der Jungvogel war im Nest bereits erkrankt und ist dann nach unten gefallen). Zu beachten sind auch die Eierschalenreste eines geschlüpften Jungen – BP bei Plößberg, 23. September 2023. Abb. 13 (rechts): Überreste einer Rupfung aus dem Vorjahr 2022, Prädator: Uhu oder Habicht. 2022 standen zunächst drei Junge auf dem Nest. Vermutlich wurden aber nachfolgend sämtliche Jungen vom Uhu bzw. Habicht geschlagen – BP „Warmensteinach“, 25. März 2023. In diesem Zusammenhang ist es von hoher Bedeutung, dass die Schwarzstorch-Nestkontrollen generell erst mit der Prüfung, ob die Jungen erfolgreich ausgeflogen sind, abgeschlossen werden.

Abb. 14: Revierstandort westlich Tröstau. Ein revierhaltendes Männchen errichtete ein neues Nest (Fichte) und hielt über vier Wochen am Platz fest. Solche Neu- und ggf. Umsiedlungen zu ergründen, ist für den Schwarzstorch wesentlich, da der neue Nestbereich in Vorbereitung auf die Folgesaison die vorbeugenden Schutzmaßnahmen erhalten kann. 29. Mai 2023.


Abb. 15: Die einzige in 2023 erfolgreich nachgewiesene Brut im UG bei Plößberg (vermutlich Nachgelege aufgrund einer Umsiedlung). Von den beiden geschlüpften Jungstörchen flog jedoch nur ein Jungvogel aus (siehe auch Abb. 12). 05. Juni 2023.


Abb. 16: Ein weiblicher Altstorch fliegt am zeitigen Morgen (06:45 Uhr) des 03. Juni 2023 im UG von den vertrauten und regelmäßig erschlossenen Teichanlagen bei Mehlmeisel nach einer abgeschlossenen Nahrungsaufnahme in Richtung Brutplatz ab (das Paar brütete allerdings außerhalb des UG). Aufgrund der noch fehlenden Thermik querte sie den gewählten CP beifolgend im flachgründigen und aktiven Ruderflug. Derart erwünschte und für einen Brutplatzfund sehr hilfreichen Fütterungsflüge mit einer klaren Zuordnung bildeten in 2023 bedauerlicherweise im UG die absolute Ausnahme. Dieser Brutstorch querte zudem eine Hochspannungsleitung nur ca. 20 m unterhalb der Leiterseile (siehe weiterführende Hinweise unten).

Empfehlungen und Defizite

Die Notwendigkeit forstlicher Nestschutzzonen (NSZ) für den Schwarzstorch

Der Grundstein für eine erfolgreiche Revierbesetzung wird beim Schwarzstorch im Frühjahr mithilfe zweier abgestuft operierender Nestschutzzonen (NSZ) gelegt. Bereits nachweisbare und beifolgend neu gefundene Brutnester sind durch festzusetzende Schutzradien einzurichten. Der Umgang mit dieser gut bedachten Festlegung von forst- und jagdlichen NSZ orientiert sich auf der Grundlage einer fachlichen Empfehlung für den Revierleiter. Jene einfließenden Auflagen sollten nichtsdestotrotz, wenn es die gebietsspezifischen Verhältnisse im Revier zulassen, grundsätzlich beachtet und umgesetzt werden. 

Folgende Empfehlungen sind für gegenwärtig besetzte, für im Kartierungsverlauf neu gefundene, aber auch für unbesetzte (noch existente) Wechselnester/ Ausweichnester innerhalb der Schutzzonen differenziert zu beachten:

1.     NSZ-A (100 m Radius) mit den Einschränkungen: 

  • ganzjährig die im Umkreis von 100 m um den Brutplatz bestehende Bestockungen zu entfernen - oder den Charakter des Bereiches auf eine andere Art zu verändern (Ausnahmen bilden Maßnahmen zur Stützung tangierender Nahrungshabitate, forstliche Kalamitäten, hier sind jeweils die Arbeiten zeitnah und achtsam mit einem Artspezialisten abzustimmen);
  • forstliche und jagdliche Maßnahmen in der Zeit vom 01. März bis 31. August auszuüben (forstliche Sonderrechte beziehen sich auf eintretende Kalamitäten - bei besetzten Nestern oder unterdessen brütenden Störchen sind brutphänologische, revierspezifische und sachliche Abstimmungen zu bedienen); 
  • neue stationäre jagdliche Einrichtungen zu errichten, für bereits existente und mobile jagdliche Einrichtungen ist in der für die Jagdausübung freien Zeit die Benutzung zulässig; 
2.     NSZ-B (200 m Radius[1]) mit den Einschränkungen: 

  • dito zur NSZ-A forstliche und jagdliche Maßnahmen in der Zeit vom 01. März bis 31. August auszuüben (Sonderrechte beziehen sich auf eintretende forstliche Kalamitäten - bei besetzten Nestern oder inzwischen brütenden Störchen sind brutphänologische, revierspezifische und sachliche Abstimmungen zu bedienen);
  • die essentiellen Habitatstrukturen des Brutwaldes (Bestockungscharakter) sind vom 01. September bis 28. Februar im Radius ab 100 m bis einschließlich zur Grenze der NSZ-B (200 m) zu erhalten, dabei ist die selektive Entnahme von Einzelstämmen bzw. bei Bedarf eine  fachlich zuvor koordinierte leichte Durchforstung stets bodenschonend vorzunehmen, Kalamitäten sind abermals separat und als Sonderfall zu beurteilen;
  • eine Erneuerung bzw. die Versetzung von jagdlichen Einrichtungen resultiert gemäß vorheriger Abstimmungen; 
  • anthropogene Aktivitäten abseits touristischer und öffentlich zugelassener Hauptwege sind für die Zeit vom 01.03.-31.08. generell zu unterbinden; vorhandene Rückegassen mit Anlauf- und Sichtbezug zum Brutplatz sind nach jeweiliger Prüfung von den Hauptwegen aus zu verblenden (Kronenware, alte Stämme etc.);
  • für etwaige Schwarzstorch-Neuansiedlungen unmittelbar anliegend zu touristisch regelmäßig frequentierenden Wegen, wobei hier eine Zunahme der Freizeitaktivitäten vor allem ab Mai nach der Eiablage zu erwarten ist, sollten ebenso entsprechende Schutzvorkehrungen für die als empfindlich eingestuften Sektoren in jeweiliger Absprache getroffen werden;

[1] Der Schutzradius von 200 m bezieht sich grundsätzlich auf Brutreviere mit repräsentativen, immergrünen Nadelholzbeständen – mit einem dementsprechend ganzjährigen Sichtschutz, insbesondere während des noch unbelaubten Zeitraums von März-Mai in den Mittelgebirgen. Ferner liegen die Einwirkungen der Lärmimmissionen für Brutplätze in geschlossenen Nadelholzbeständen im Vergleich zu den bis in den Mai hinein noch fast vollständig laubfreien Laubholzbeständen auf einem niedrigeren Level. Für Brutplätze/ Brutreviere mit bestandsbildenden Laubholzpartien (betrifft hier primär Rot-Buchen-Bestände) sollte aufgrund der geschilderten Abweichungen die NSZ-B fakultativ auf 300 m erweitert werden. In Laubholzbeständen werden anthropogene Störungen, z.B. durch unmittelbar anrainende forstliche oder jagdliche Aktivitäten, deutlich sensibler wahrgenommen. Vorzugsweise greift dieses Merkmal mit Beginn der frühjährlichen Besetzungsphase (März/ April) bis hin zur Eiablage (April/ Mai). In Norddeutschland wird in der Regel daher die 300 m Regelung für die NSZ-B umgesetzt. Beispielsweise sind in Mecklenburg-Vorpommern die Nestschutzzonen per Gesetz verankert (NSZ-A = 100 m, NSZ-B = 300 m).


Abb. 17: Beispiel für den praxisbezogenen Umgang mit forstlich festzulegenden NSZ eines relevanten Schwarzstorch-Brutplatzes des FB Fichtelberg (Fläche vollständig BaySF). Hier greifen jeweils die o.g. Parameter mit den teils befristeten Einschränkungen.

Abb. 18: Ein Sonderfall mit gleichgerichteter Betroffenheit privater und staatlicher Eigentumsverhältnisse innerhalb der festzulegenden NSZ. Das Nest befindet sich nur 40 m außerhalb zur Eigentumsgrenze des FB Fichtelbergs im Privatwald. Gleichwohl liegt ein Drittel der ermittelten NSZ auf forstlichem Boden der BaySF. Es macht allerdings wenig Sinn, wenn sich nur die BaySF an die fachlichen Empfehlungen/ Einschränkungen hält und der/ die betroffenen Privatwaldbesitzer unbeirrt ihre Maßnahmen zur Brutzeit durchführen. Hier ist demzufolge anwendungsbezogen abzuklären, inwieweit die Fachstelle für Waldnaturschutz Oberfranken des AELF die Privatwaldbesitzer im Sinne des Artenschutzes vor Ort fachlich unterstützen und beraten kann. 

Erste Hinweise zur Situation in den Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im UG des Fichtelgebirges

Fließgewässer

Intakte Fließgewässer-Ökosysteme verknüpft mit einer gesunden Verfügbarkeit struktur- und nahrungsreicher Kleingewässer geben den essentiellen Ausschlag für eine erfolgreiche Revierbesetzung und Reproduktion des Schwarzstorchs im Fichtelgebirge.

Schwarzstörche suchen ihre Brutstandorte im Wald und mit Vorliebe in unmittelbarer Nähe von Quellstandorten aus. An solchen Plätzen entspringen, wenn nicht inzwischen diese wichtigen Lebensadern verbaut oder entwässert wurden, regelmäßig schmale und naturnahe Waldbäche. Diese für eine artenreiche Fischfauna besonders wertvollen Quell-Rinnsale fördern letztendlich unsere Bäche und Flüsse u.a. mit sauerstoffreichen Bedingungen.

Rückschlüsse auf den gegenwärtigen Qualitätszustand der im FB Fichtelberg existierenden Fließgewässer können die abgeschlossenen Fließgewässerstrukturkartierungen im Auftrag des LfU Bayern geben (Stand: August 2019). Sie liegen für annähernd zwei Drittel der im UG geomorphologisch geformten Bachläufe vor. 

Darüber hinaus existieren Bewertungen für die auf Fließgewässer generell negativ einwirkenden Querbauwerke. Diese sind standardgemäß im Rahmen der EU-WRRL näher zu evaluieren. 

Die Prüfungen offenbarten bestehende hydromorphologische Defizite, insbesondere zur fehlenden biologischen Durchgängigkeit aufgrund von Bauwerken innerhalb des Fließgewässernetzes im UG einschließlich ihres engeren Einzugsbereiches. 

Konform zur EU-WRRL sind festgestellte Mängel abzustellen und konkrete Verbesserungsmaßnahmen durch die zuständigen Fachbehörden des Naturschutzes und der Wasserwirtschaft für die relevanten Bachabschnitte vorzuschlagen und sachbezogen umzusetzen.

Nach einer ersten für die ursprünglich naturnahen Bachsysteme veranlassten Fließgewässer-Analyse lassen sich für das UG inkl. dem nahrungsökologisch belangreichen Einzugsbereich folgende Merkmale ableiten:

  • Verlassen die Bäche ihre Quellregionen im Oberlaufabschnitt der Waldareale des UG, so verlieren sie im weiteren Fließverlauf signifikant an Strukturgüte, bevorzugt in den von Siedlungen und der Landwirtschaft beeinflussten Offenlandflächen. 
  • Widerfuhren den Bachbett- und Sohlstrukturen der charakteristischen Waldbäche geringe bis mäßige Veränderungen, enthüllen die im Anschluss in das Offenland wechselnden Bachläufe teils folgenschwere Qualitätseinbußen mit starken bis vollständigen (naturfernen) Strukturwandlungen. 
  • Der Erhalt und die Entwicklung ehemals weit verbreiteter naturnaher Bachstrukturen, Zielstellung für eine verlässliche Biodiversität unserer Fließgewässer, leiden zunehmend durch forcierte Unterhaltungsmaßnahmen der Gewässerverläufe in Verbindung mit einer fortschreitend landwirtschaftlichen Intensivierung anrainender Auenbiotope.
  • Verhängnisvolle und insbesondere für die auf Fließgewässer spezialisierte Gewässerfauna nicht passierbare Querbauwerke üben unweigerlich eine kumulierende Wirkung auf das Spannungsfeld schwindender biologischer Vielfalt aus. Eines der gravierendsten Probleme stellen unvermindert die vielen Abstürze (Fallhöhen)/ Hindernisse von Durchlässen sowie Wehr-/ Stauanlagen der Fließgewässer für viele wandernde Kleinfischarten und Wirbellose dar. Eine Durchgängigkeit ist oft nur periodisch oder bei einzelnen Wehren und Durchlässen im UG ganzjährig überhaupt nicht gewährleistet.
  • Der Populationsaustausch und die Sicherung des Makrozoobenthos, einschließlich repräsentativer Fischarten und Rundmäuler der Bäche, ist für diverse Fließabschnitte nicht mehr gewährleistet und wird daher stark beschnitten. Die gegenwärtig nicht durchgängigen Bauwerke, wie eingebaute Rohre, Durchlässe, Abstürze und Wehre, sind demzufolge ökologisch umzugestalten und teils gegen durchgängige Varianten, wie z.B. effiziente Sohlgleiten und akzeptierte Fischaufstiegsanlagen, sukzessive zu erweitern oder vollständig auszutauschen. 
  • Speziell für die Makrozoobenthos liegen die ökologischen Ansprüche für eine dauerhafte Durchgängigkeit bei den vorhandenen Querbauwerken wesentlich höher. Je nach Substratzusammensetzung und Absturzhöhe können Kleinfische diverse Durchlässe, Wehranlage mit oder ohne Fischaufstiegsanalgen noch passieren, Wirbellose jedoch nicht mehr.
  • Ferner sind randliche Gewässerschutzstreifen (≥ 10 m) für die empfindlich auf Umweltbelastungen reagierenden Bachverläufe und Auen im Offenland einzurichten, oder zu erweitern. Nur so können die gesteckten Ziele der EU-WRRL, die Gewässer bis 2027 in einen guten chemischen und ökologischen Zustand zu versetzen, gewissenhaft umgesetzt werden. 
  • Der Schwarzstorch steht als sogenannte Leitart an der Spitze der Nahrungspyramide des Ökosystems Bach und ist für eine erfolgreiche Reproduktion folglich auf ein naturnahes Bachnetzgefüge und eine dauerhaft naturnahe Gewässerunterhaltung dringend angewiesen.



Abb. 19: Die Übersichtskarte dokumentiert die signifikante Abnahme der Bachstrukturgüte (Gesamtbetrachtung: Bachbettstruktur und Auenbewertung) im Übergang zum Offenland. Auch wenn die Bachläufe im Offenland bereits außerhalb des FB Fichtelberg verlaufen, so üben die notierten Einschränkungen (Querbauwerke) im UG direkten Einfluss auf den ökologischen und chemischen Zustand bachabwärts aus und müssen im Komplex betrachtet werden. Gegenwärtig besitzt die „Gregnitz“ aufgrund der vorliegenden Gesamtbewertung hinsichtlich ihrer Strukturgüte das größte Potential für eine aussichtsreiche Revitalisierung bis zur Mündung in die Fichtelnaab (Kartierungen zur abgebildeten Gütestruktur erfolgten 2016 im UG, Erläuterungen zur Erfassung und Bewertung siehe „Gewässerstrukturkartierung von Fließgewässern in Bayern“ – LfU BY, Stand: August 2019).


Für anzusteuernde Revitalisierungsmaßnahmen ist auf der Grundlage bestimmender Einflussgrößen zuvor eine ökologische Gesamteinschätzung der betroffenen Fließgewässerabschnitte vorzunehmen. Diese sind insbesondere:

  • Ökologische Durchgängigkeit (insbesondere Bewertung Querbauwerke)
  • Gewässerstrukturgüte (u.a. Sohlsubstratvielfalt, Bettstruktur, Böschung- und Uferzone, Vegetation)
  • Nährstoffeinträge, Gewässerrandstreifensituation, Auenbewertung Offenland, Retentionsflächen

Revitalisierungsmaßnahmen

Pflegehinweise und Kurzerläuterungen (primär für die Bereiche im Offenland = Mittel- und Unterlauf)

(A) 

Gehölzbepflanzung und Gewässerrandstreifen

Bepflanzung am Gewässer mit Schwarz-Erlen, je nach Situation ein– oder beidseitige bzw. wechselseitige Bepflanzungen:

§  Beschattet Bäche, daher sauerstoffreicher und kühler; wichtiger Halt an der Böschung, Erosionen (Wurzelwerk!), Sedimenteintrag;

§  Struktur, Versteckmöglichkeiten für Fische, Habitate für Wirbellose;

§  Zunahme an Insekten (u. a. Fischnahrung);

§  Gewässerrandstreifen sind innerhalb landwirtschaftlich genutzter und anrainender Flächen grundsätzlich zu gewähren (Mindestbreite von 10 m);

(B) 

Ufer- und Böschungsvegetation wieder entwickeln, bzw. Bestände umsichtig belassen

(betrifft primär Bach- und Flussläufe im Offenland)

§  Je öfter auf der gesamten Breite gekrautet wird, umso mehr Sedimente lagern sich am Boden ab und es muss vermehrt geräumt werden. Intensive Pflanzenmahd (Krautung) bedeutet immer dichter werdende Bestände und kostenträchtigere Unterhaltungsmaßnahmen (wirtschaftlicher Teufelskreislauf);

§  Keine Mahd der Uferböschung (Stauden sichern die Uferböschung und bilden Lebensräume für Vögel und Insekten, ferner dienen überhängende Ufer- und Pflanzenpolster als Fischverstecke);

§  Verbesserung der Selbstreinigungskraft, weniger erodierende Sande (Pflanzen- und Wurzelwerk übt auch Frostschutz aus und somit gewünschtes Entgegenwirken von unnötigen Uferabbrüchen!);

§  Gehölze mit einem Erlensaum sind die besten Regulatoren gegen einen zu starken Pflanzenbewuchs (Beispiel Igelkolben);

(C)

Schonende manuelle Mahd (keine maschinelle Krautung z.B. mit Krautkorb !)

 

§  Immer die Laichzeiten beachten (von Mitte Oktober bis Ende Juni als Ausschlusszeit);

§  Krautung per Handmahd und nur in der Stromrinne (schlängelnder Abflussquerschnitt, Freischnitt in der Regel auf 1/3 der Breite)! Nur dort, wo es wirklich erforderlich ist! Verbesserung der Strömungsturbulenzen und Sohlenstruktur!

§  Auch schmale Stromstriche leiten ausreichende Wassermengen ab;

§  Das Handmahdgut ist für 4-6 Stunden am Gewässerrand zu belassen, dann ist es aber  abzutransportieren (Sickersaftkonzentrationen!);

§  Flexibilität ist gefragt, keine technokratischen Abläufe!

§  Der Gewässerunterhalter muss das Umfeld und die Lebensraumsituation mit betrachten (unterschiedliche Situationen an den Gewässerstrecken, Niederschlagsveränderungen usw.);

(D) 

Grundräumung nur in Ausnahmefällen (Problem vor allem von Fließgewässern zwischen Ackerflächen)

 

§  Wenn im Einzelfall doch, dann vor Ort schonende Grundräumung – Kies- und Geröllbänke sind zu belassen;

§  Zeitlich begrenzte Grundräumung – nur vom 01. August bis 15. Oktober;

§  Im Bedarfsfall mit einer schonenden Handmahd kombinieren, siehe (C);

§  Aufstellung von darauf ausgerichtete Gewässerunterhaltungsplänen;

(E)

Gewässerstrukturvielfalt erlangen (inkl. Umfeld)

§  Je mehr Verstecke (Steine, Wurzelwerk von Erlen, Totholz) am Fluss- und Bachbett, desto mehr Forellen im Revier;

§  Einlegen von Feldsteinen sowie Anlage von Kies- und Geröllbettlagen (Rauschen);

§  Das Laichbettangebot von Kiesbettlaichern (Forellen, Rundmäuler) ist im UG zu erhöhen; 

§  Gezielte Anlage von neuen Laichplätzen aufgrund mangelnder natürlicher Angebote, hier muss eine umsichtige Umsetzungsstrategie erfolgen – genaue Auswahl der Plätze am Beispiel der Bachforelle: Wassertiefen 10-25 cm, Strömungsgeschwindigkeit ca. 40-100 cm/s, Gefälle 2-17 %, Laichsubstrat ø 10-50 mm (Masse ø 10-20 mm) usw.;

(F)

Ökologische Durchgängigkeit

(Rückbau von Wehranlagen)

§  Durchlässe (inkl. Verrohrungen an landwirtschaftlichen Überfahrten), Verhinderung von Sohlenabstürzen – Unterhalb der Verrohrung Anlage einer Stein- und Geröllpackung als Sohlgleite – bei langen Durchlässen Schaffung von Strömungsschatten (z. B. durch Holzlamellen);

§  Rückbau von Wehranlagen und Entschärfung von künstlichen Abstürzen;

§  Errichtung von Rauschen (Sohlgleiten);

§  Ein Umgehungsgerinne (Bypass) ist einem Fischpass (Aufstiegsanlage) für eine Stauanlage ohne Durchgängigkeit vorzuziehen;

§  Brückenbauwerke sind für Fischotter und weitere über Land wandernde Tierarten mit Bermen zu bestücken (knapp über Mittelwasser);


Die Zulassung eigendynamischer Fließgewässerprozesse sind der entscheidenden Schlüssel für langfristig abgesicherte und zugleich strukturreiche Nahrungsgründe des Schwarzstorchs im UG und dessen Umfeld. 
Die gegenwärtige Situation im UG zeigt hinsichtlich gewünschter und uneingeschränkter Nahrungsverfügbarkeiten für die hier reproduzierenden Schwarzstörche, dass die aktuell diagnostizierten Defizite für die Nahrungshabitate komplexe Umfänge einnehmen. 
Nur mit speziell darauf ausgerichteten Gewässerunterhaltungsplänen kann man die Mängel sukzessive beheben und die Lebensraumbedingungen für den Schwarzstorch deutlich verbessern. Dazu sind die zuständigen Wasser- und Naturschutzbehörden gefragt. Sie müssen die anempfohlenen Revitalisierungsmaßnahmen mit den Eigentümern und Bewirtschaftern im Detail abstimmen. Dabei ist eine nötige Detailschärfe für gezielte Sanierungsmaßnahmen (Flussgebietsmanagement), welche speziell für die auf den Schwarzstorch ausgerichteten ökologischen Ansprüche von Belang ist, unerlässlich.
Erst wenn man das ökologische Zusammenspiel der epochalen Lebensräume von Brut- und Nahrungsstätten des Schwarzstorchs dauerhaft sichert, dessen erforderliche Qualitätsansprüche erkennt und schlussfolgernd die aufgeführten Defizite mit Hilfe gezielter Sanierungsmaßnahmen kurz- bis mittelfristig beseitigt, können auch zukünftig im Fichtelgebirge stabile Reproduktionsergebnisse für den Schwarzstorch erlangt werden. 

Nachfolgend werden einige Detailkarten/ Fallbeispiele aus der Studie eingefügt:


Abb. 20: Auf den ersten Blick sieht die Strukturgüte des „Mühlbaches“ auf dem Bild passabel aus (Gewässer 3. Ordnung Nr. 1424 - ein Zwischenabschnitt vom „Flötzbach-System“). Doch wiesen die Analysen unterdessen darauf hin, dass dieser Abschnitt partiell deutliche Veränderungen anzeigte und die sich weiter oberhalb eingesetzten Querbauwerke als Hindernisse für die ökologische Durchgängigkeit präsentierten (siehe auch nachfolgende Abb. 21). 

Abb. 21: Obwohl sich die fünf dargestellten Hindernisse außerhalb des FB Fichtelberg befinden, sollten sie nichtsdestotrotz in die anzustrebenden Revitalisierungsmaßnahmen mit aufgenommen werden. Im Gesamtbild betrachtet, wird hierbei dauerhaft das Ökosystem Bach und folglich auch der Reproduktionserfolg und die Stabilität der lokalen Schwarzstorchpopulation des UG beeinflusst.

Abb. 22: Verteilungsmuster nicht durchgängiger Wehranlagen im UG und dem engeren Einzugsbereich. Vor allem die „Warme Steinach“ ist von der fehlenden ökologischen Durchgängigkeit ernsthaft betroffen. Als eine der bestimmenden ökologischen Bemessungsgrundlagen zur Durchgängigkeit eines Querbauwerkes dient die Wanderfähigkeit/ Überwindung des Makrozoobenthos am jeweils dokumentierten Hindernis.

Standgewässer

Neben den beschriebenen Fließgewässern ergänzen alternativ wechselnde Standgewässertypen die zentralen Nahrungsgründe des Schwarzstorchs im Fichtelgebirge. Abseits naturnaher Moorgewässer (Hoch- und Übergangsmoore) und temporärer Blänken der Hochlagen zählen vor allem künstlich angelegte Fischweiher und vom Biber an Fließen gestaltete Rückstautümpel zu den vom Schwarzstorch regelmäßig aufgesuchten Nahrungsquellen. Aber auch durch die BaySF im Zuge von Biotopaufwertungsmaßnahmen künstlich angelegte und sich entfaltende Moortümpel erwecken zunehmend das gewünschte Interesse beim Schwarzstorch.


Abb. 23: Künstliche Teichanlagen am „Zimmerwald“ unmittelbar an der Grenze des UG in Waldrandlage am Oberlauf der „Fichtelnaab“ bei Fichtelberg. Bei Forellen-Teichanlagen werden vor allem die sauerstoffreichen Oberläufe der Waldbäche angezapft. Für eine stabile Wasserrückhaltung der Teiche führt dies allerdings zwangsläufig zum Einbau künstlicher Abstürze und Durchlässe im Wasserregime und bedauerlicherweise auch zu nachhaltigen Einschnitten bei der ökologischen Durchgängigkeit. Weiterhin verschlechterte sich nach einem nur 1.300 m naturnahen Streckenabschnitt u.a. durch Nährstoff- und Sedimentfrachten aus den Teichanlagen bereits der chemische Zustand und die ökologische Strukturgüte im folgenden Unterlauf der „Fichtelnaab“. Noch kritischer entwickeln sich diese Beeinträchtigungen während längerer Trockenperioden unterhalb angelegter künstlicher Querverbaue an Teichsystemen. Diese Teichgruppe besaß bei der Begutachtung keine Netzüberspannungen (Aufnahme: 24. September 2023).

Abb. 24: Der ursprünglich in Nordamerika beheimatete Bachsaibling (Salvelinus fontinalis) zählt neben der Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) nachweislich zu den bevorzugten Beutetieren des Schwarzstorchs in den künstlich angelegten Teichanlagen des Untersuchungsgebietes. Selbst ein Längenmaß von 25 cm, wie hier abgebildet, stellt für einen erfolgreichen Beutezug des Schwarzstorchs kein Hindernisgrund dar. 
Bevor Schwarzstörche (Brut- oder Gaststörche) bekannte oder neu gewählte Teichanlagen anfliegen, wird das erkorene Nahrungsareal aus Sicherheitsgründen prinzipiell vor dem Anflug aus dem Luftraum umsichtig geprüft. Einerseits wird abgeschätzt, ob angemessene Ressourcen zu erwarten sind. Andererseits, ob möglicherweise anthropogene Störungen während der Nahrungssuche Einfluss ausüben können. Vorzugsweise die Teiche in Siedlungsbereichen werden deshalb in den Dämmerungsphasen aufgesucht (präferiert in den Morgenstunden vor Sonnenaufgang). Foto: 24. September 2023 (Fischlohe bei Mehlmeisel i. Fichtelgebirge).

Jedoch können Fischteiche die aufgelisteten Defizite für die Fließgewässer nur in gewissem Maße retuschieren. Künstlich angelegte Teichanlagen agieren nur periodisch als Ausgleich festgehaltener Missstände bei den als wesentlich höher einzustufenden Fließgewässern. 
Nur naturnahe Fließgewässer können demzufolge als der Gradmesser des ökologischen Gesamtzustandes essentieller Nahrungshabitate des am Ende der Nahrungskette stehenden Schwarzstorchs stehen. Teiche dienen eher als vorübergehende Nahrungsreserve vor allem in sehr trockenen Sommerperioden. An jenen Teichen lauern, wie die nachfolgenden Abbildungen 26 - 32  belegen, für Schwarzstörche und weitere Kleinfischjäger (auch Rot- und Schwarzmilan!) jederzeit unkalkulierbare Gefahren, die bis hin zu einem leidvollen Tod führen können. In solchen Fällen werden die frei zugänglichen Wasseroberflächen von den Bewirtschaftern oberhalb und seitlich mit Nylonnetzen unterschiedlicher Maschenweiten zum erwarteten Schutz vor Fischräubern bespannt. 

Doch diese Überspannungen werden immer noch unsachgemäß ausgeführt und die Netze besitzen u.a. für den Schwarzstorch kleinere Einstiegmöglichkeiten zum Teich inkl. Ufer. 

Nach der Nahrungsaufnahme verheddern sie sich mitunter in den Netzen, da sie den zuvor gewählten Einstiegsbereich nicht immer auf Anhieb wieder finden und fixieren können. Noch prekärer entwickelt sich die Situation vor Ort, wenn Menschen diese überspannten Teiche plötzlich anlaufen/ anfahren und die Störche daraufhin unerwartet aufschrecken. Die Schwarzstörche versuchen im typischen Fluchtverhalten abzufliegen und bleiben, je nach gewählter Maschenweite der Netze, im Nylonfaden hängen. Werden sie dann nicht befreit, verenden sie immer wieder im Netz oder ertrinken qualvoll!

Besonders schmerzlich sind die Verluste zum Zeitpunkt fütternder Brutstörche (beim Verlust des Männchens sind die Jungen in der Regel vollständig verloren). Verwundert trifft man bei einer Kontrolle dann verhungerte Jungstörche auf dem Nest an, ohne zunächst die genauen Ursachen entschlüsseln zu können (siehe Abb. 25). Die unnötige Todesfalle an den Fischteichen steht, neben Freileitungsanflügen und der Stromtod an immer noch ungesicherten Mittelspannungsmasten, an erster Stelle beim Verlust unserer Brutstörche während der Aufzuchtzeit! Aber auch riskant verdrahtete Viehtränken an flachen Bachufern der Viehweiden führen zu Verletzungen oder dem Tod. 

 

Ein teuflischer Kreislauf zeichnet sich unweigerlich ab:

  • Immer weniger naturnahe Fließgewässerabschnitte stehen den Schwarzstörchen aufgrund aufgelisteter Mängel im UG als ganzjährig annehmbares Nahrungsreservoire für eine erfolgreiche Reproduktion zur Verfügung.
  • Die Schwarzstörche sind infolgedessen gezwungen auszuweichen, nach passenden Alternativen zu suchen und müssen, um ihre Bruten zu sichern, noch intensiver die im Einzugsbereich befindlichen Fischteichanlage erschließen.
  • Hier geraten unsere Schwarzstörche aber zwangsläufig in ein kontroverses Konfliktfeld mit den Bewirtschaftern konventioneller Fischproduktion. Sie riskieren Verletzungen oder nehmen gar einen leidvollen Tod in Kauf.
  • Es fehlen behördlicherseits die nötigen Aufklärungsgespräche mit den Bewirtschaftern (Pächtern und Eigentümern), um insbesondere:

    • die technischen und artenschutzfachlichen Ansprüche bei der Verwendung von Spannnetzen konfliktfrei umzusetzen (u.a. Maschenweite ≤ 5 cm,  saubere seitliche Bespannung ohne Einstiegpassagen); 
    • Ausgleichzahlungen für nachweisliche Ertragsverluste explizit durch Großvögel für nicht mit Netzen oder gefährlichen Spanndrähten versehene Teiche anzubieten (erfüllende Fördertöpfe sind dringend zu organisieren);
    • Ausgleichzahlungen für den Einsatz engmaschiger Netze bereitzustellen (die Netze mit einer Maschenweite ≥ 5 cm sind umgehend auszutauschen, Prüfungen nach Einstieglöchern und Reparatur/ Austausch sind vorzunehmen, Spanndrähte sind grundsätzlich nicht zu verwenden und abzuschaffen);
    • die Bewirtschafter letztendlich auf den sensiblen Umgang und zugleich den rechtlichen Status dieser nach nationalem und europäischem Recht streng geschützten Großvogelart hinweisen und für eine engere Zusammenarbeit zu werben;

Abb. 25: Ein charakteristisches Beispiel für den schicksalhaften Verlust beider Altstörche im UG. Leider wurden die tragischen Umstände vor Ort zu spät erkannt und die drei Jungen (hier nur zwei sichtbar) verhungerten anschließend schmerzlich. Bereits der ausgebliebene frische Schmelz auf dem Nestrand verrät Probleme bei der Nahrungsversorgung. Der typisch weit streuende und gesunde Kotstrahl der Jungen fehlte inzwischen gänzlich und bereits länger. Hinzu kommen apathische Bewegungen aufgrund fehlender Kraft und Agilität. Immer wieder fallen bei stark geschwächten Jungstörchen nach eigenen Auswertungen ferner die viel zu klein geratenen, nicht mehr aufmerksam fixierenden und zudem trüben Augen auf (11. Juni 2022 – Brutplatz im UG: FB_BT_01 „Fichtelberg“).

Abb. 26: Derartige Netzvarianten stellen absolute Gefahrenquellen für den Schwarzstorch dar und sind zwingend auszuwechseln. Abgesehen von der viel zu großen Maschenweite präsentiert das hängende Netz mehrere Einstiegpassagen (25. Mai 2023, Teichanlage bei Haidlas).


Abb. 27/ 28: Oben: der Altstorch versuchte, nachdem er sein seitliches Einstiegloch nicht mehr gefunden hatte, von unten durch die Maschen zu entkommen. Der Flügelbug hat sich dabei komplett in das Nylonfadenkreuz eingehakt. Jede Hilfe kam hier zu spät…. 
Unten: der noch lebende Altstorch versuchte zuvor flach über die Wasserfläche unterhalb des hängenden Netzes abzufliegen, um das seitliche Loch anzusteuern. Aber auch hier blieb er mit dem Flügelbug verhängnisvoll hängen. Zum Glück konnte er aber noch rechtzeitig gerettet werden – ohne Hilfe wäre der Altstorch qualvoll ertrunken.  Verantwortlich für diese Notlage war die viel zu groß gewählte Maschenweite des überspannten Netzes kombiniert mit der Existenz seitlicher Einstieglöcher. Die Aufnahmen entstanden in Israel und belegen die drohende Gefahr solcher Netze.

Abb. 29: Aufzuchtteiche mit einem viel zu locker und fahrlässig überspannten Netz. Zumal es hier seitliche Einstieglöcher für den aufmerksamen Schwarzstorch gab, verpufften die zu würdigenden engen Maschen ≤ 5 cm. Auch wenn Schwarzstörche gute Schwimmer sind, werden sie hier schnell in die Enge getrieben und würden möglicherweise mit dem Schnabel im Maschennetz festsitzen und ertrinken. Oder aber er verankert sich am Böschungsinnenrand an den gerafften Seitennetzen (inkl. Abb. 30: 24. September 2023, Teichgruppe bei Hüttstadl am „Schnaitbach“).

Abb. 30: Besagte Seitenöffnungen laden den Storch förmlich ein. Beachte ferner die seitlichen und fahrlässig gerafften Netze am Böschungsufer. Erreicht der Teichbewirtschafter oder ein Tourist zum Zeitpunkt der Nahrungssuche  den Teich, fliegt der Schwarzstorch, wenn er bereits abseits der Öffnung an der flachen Böschung nach Nahrung späht, panikartig ab und verheddert sich mit Sicherheit im Netz. Ob dann die Person den Storch rettet und befreit, ist eher zu bezweifeln. Der Besitzer müsste das Netz zerschneiden und sich einem besonders wehrhaften Altstorch nähern! Viel eher verschwinden dann solche Brutstörche auf mysteriöse Weise und die Brut geht verloren (siehe u.a. beschriebenes Beispiel von Abb. 25).


Abb. 31/ 32 Der Jungstorch oben hat sich exakt in der Uferzone an einem dieser gerafften Seitennetze am Flügelbug festhängend eingeschnitten. Ohne eine umsichtige Hilfe wäre auch er nicht überlebensfähig gewesen. Für den unteren Jungstorch kam jede Hilfe zu spät. Er flog flach unterhalb des Netzes entlang, blieb dann aber hängen und ertrank aufgrund schwindender Kräfte anschließend qualvoll. Beachte auch hier die viel zu große Maschenweite! Beide Abbildungen zeigen charakteristische Fallbeispiele aus Israel.


Abb. 33/ 34: Besonders in den niederschlagsreichen Höhenlagen des Fichtelgebirges können abgesenkte und nur sporadisch unterhaltene Forstwege/ Rückegassen regelmäßig temporär überflutet werden. Je nach Temperatursituation laichen dann vor allem die Grasfrösche (Rana temporaria) im März/ April als sogenannte Explosionslaicher in den Blänken ab. Im späteren Jahresverlauf auch eine willkommene Nahrungsquelle für die neugierigen Jungstörche während ihrer ersten Ausflüge und Erkundungen im Juli/ August (25. März 2023, Revier Ahornberg).


Abb. 35/ 36: Der Schwarzstorch profitiert auch zunehmend von kleineren „Rückstauanlagen“ des Bibers in Oberfranken. Im Baltikum korrelierte die Zunahme der Biberpopulation/ Biberteiche mit einem ansteigenden Brutbestand des Schwarzstorches vor allem Ende der 1980er Jahre.


Für eine dauerhafte Sicherung der Nahrungshabitate im Intimbereich des Schwarzstorches sollte bei den Standgewässern der Fokus generell auf die Quellmoorareale gerichtet sein und weniger auf die Fischteiche. 

Schwarzstörche suchen zur Errichtung ihrer imposanten Nester mit Vorliebe die Quellzonen, die Lebensadern der entspringenden Bäche im Fichtelgebirge, des Brutwaldes auf. Mit einer kontinuierlichen Revitalisierung dieser Bachoberläufe und Quellmoore wird ein entscheidender Beitrag für die waldbewohnende Leitart Schwarzstorch und dessen Reproduktion geleistet. Neben der Freistellung von Quellbereichen, dem Waldumbau im näheren Bachumfeld mit der Entwicklung naturnaher Strukturen, der Anlage von Moorblänken (siehe Abb. 37 und 38), zählt gleichermaßen die bereits erwähnte Fließgewässersanierung (Strukturgüte anheben, Rückbau und Sanierung von Querbauwerken etc.) zu den erklärten Zielen.

Je flächendeckender eine kontinuierliche Nahrungsverfügbarkeit aufgrund zuvor korrigierter ökologischer Zustände in den naturnahen Quell-, Moor- und Bacharealen zum Tragen kommen wird, umso seltener müssen die mit ihren unberechenbaren Gefahrenquellen behafteten Fischteiche von den Störchen vor allem während der Aufzucht ihrer Jungen aufgesucht werden.



Abb. 37/ 38: Hervorzuheben sind die Neuanlagen und eingeleiteten Revitalisierungsmaßnahmen von Moorblänken in den Quellbereichen der Hoch- und Übergangsmoore der Region. Innerhalb kürzester Zeit entwickeln sie sich zu wertvollen Lebensräumen und dienen so auch dem Schwarzstorch als zentrale Nahrungsnische. Ein wesentlicher Beitrag des FB Fichtelberg zum Schutz und zur Entwicklung unserer Quellmoore mit einer darauf speziell ausgerichteten Flora und Fauna der raueren Hochlagen.

Gefährdungen durch Freileitungsanflüge und Stromtod an Freileitungsmasten


Abb. 39/ 40: Oben: immer noch präsent - ungesicherte Schaltermasten (sogenannte Killermasten) als Todesfallen für Großvogelarten. Auch hier müssen die Netzbetreiber schnell handeln und die gefährlichen Isolatoren auf der Beton-Traverse mit wetterfesten Kunststoff-Schutzhauben (Abdeckkappen) und Isolierschläuchen (Leiterdrähte) bestücken. Derartige Masttypen werden wiederholt u.a. von Jungstörchen aufgesucht. Bevorzugt in den Morgen- und Abendstunden können sie dann jederzeit ungesicherte Masttypen, wie hier abgebildet in Ortschaften, anfliegen. 
Unten: Eine Nachrüstung mit Abdeckkappen für die stehenden Isolatoren auf den Betonmasten hat ferner durch die Netzbetreiber zeitnah im UG zu erfolgen. Fotos: 24. September 2023 (Ortsrandlage Fichtelberg i. Fichtelgebirge).


Abb. 41: Auch die Installation von Büschelabweisern an Mittelspannungsmasten als deklarierte Präventivmaßnahme brachte für den Großvogelschutz nicht den gewünschten Erfolg. Diese mehrfach wirkungslose Methode erwies sich in der Vergangenheit als Todesfalle für Großvögel (dieser Umstand ist auch den Netzbetreibern schon länger bekannt). Folglich sind, wie dieses aktuelle Beispiel offenlegt, ebenso die Schwarzstörche an ihren Brutplätzen/ Brutrevieren jederzeit davon betroffen. Verluste am Brutplatz, die schnell und unspektakulär zu verhindern wären. Sämtliche Isolatoren mit anliegenden Büschelabweisern sind daher generell durch die weitaus effizienteren Abdeckkappen (Kunststoffhauben) zeitnah auszutauschen. Dieser junge Schwarzstorch landete auf der Traverse inmitten des Abweisers. Der tödliche Stromschlag (Erdschluss) resultierte letzten Endes über den Kontakt des langen Schnabels zum Isolator mit seinen Schutzfunkenstrecken. Der ausgeflogene Jungstorch befand sich keine 400 m vom Brutplatz entfernt. Auch im Untersuchungsgebiet besteht dringender Handlungsbedarf, da auf den Traversen der Mittelspannungsleitungen jene Büschelabweiser installiert wurden. Außerdem fehlen für andere Masten immer noch die erforderlichen Abdeckkappen. 
Foto mit Stromtodopfer: 26. Juli 2023, Allgäu (© H. Farkaschovsky).

Abb. 42: Ein allgemeines Problem für den Vogelschlag stellen die Freileitungstrassen (Mittel- und Hochspannung) im UG dar - insbesondere bei potentiellen An- und Überflügen im Bereich der Nahrungshabitate des Schwarzstorchs. Prioritär sollten vor allem die in der Nähe von Fließen und Teichen verlaufenden Freileitungen mit gut sichtbaren Vogelschutzmarkern bestückt werden. Nachdrücklich prekär präsentieren sich Freileitungen in Talsenken mit einem Waldrandhintergrund. Da Schwarzstörche gewohnt dicht ihre „Lufthindernisse“ anfliegen, halten sie auch immer wieder einen viel zu geringen Sicherheitsabstand. Kommen dann beispielsweise noch Nebelbänke und schlechte Sicht ins Spiel, lösen sich die Freileitungen förmlich auf. Insbesondere unerfahrene Jungstörche kollidieren folglich mit diesen schwer zu fixierenden Leiterseilen im Umfeld ihrer erschlossenen Nahrungshabitate. Die Aufnahme entstand 2014 im benachbarten Frankenwald. Der Jungstorch konnte erst im letzten Moment einen folgenschweren Freileitungsanflug verhindern.

Abb. 43: Übersicht der im Einzugsbereich des UG (Teilfläche Ost) verlaufenden Mittel- und Hochspannungstrassen mit einem Prüfungsbedarf des Netzbetreibers hinsichtlich der o.g. festgestellten Defizite im Vogelschutz für den Schwarz- und Weißstorch (Vogelschlag und Stromtod). Die Freileitungen queren die Funktionsräume zwischen den Brut- und Nahrungshabitaten beider Großvogelarten im UG.

Abb. 44: Das abgebildete Flugbewegungsmuster der zurückliegenden Saison verdeutlicht die konfliktbehaftete Konstellation zur Erschließung der Nahrungshabitate im UG. Durch die im Brutverlauf versiegenden Nahrungsquellen innerhalb der prioritär naturnah zu entwickelnden Sektoren (Moore und Bäche der Waldungen) erschlossen die Schwarzstörche daraufhin zunehmend die verfügbaren Fischteichanlagen im Bereich Mehlmeisel und Hüttstadl. Es ist ein klassisches Abbild der oben dargestellten Defizite und verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf zum Schutz des Waldstorches (auch hinsichtlich ansteigender Frequentierungen mit ungesicherten Freileitungstrassen und lokalen Strommasten).


Fazit

Gegenwärtig wird der Brutbestand des Schwarzstorches im Fichtelgebirge auf den Prüfstand gestellt. Eine erste Diagnose über die Situation innerhalb der belangvollen Brut- und Nahrungshabitate wurde für das östliche Teilgebiet vorgenommen. 

Eingeschränkt durch ein regional eingeleitetes Störungsjahr und einhergehend mit einem signifikanten Fernbleiben traditioneller Revierstörche im UG entwickelten sich bereits im Frühjahr während der obligatorischen Ansitze erste unkalkulierbare Hürden. Für das bemessene Zeitfenster der frühjährlichen Schwarzstorch-Revierbesetzungsphase erhöhte sich unvorhergesehen der Zeitaufwand, um letztendlich ein nicht belegtes Revier zu dokumentieren (Negativbeleg). 

Mit nur einem erfolgreich ausgeflogenen Jungstorch wurde in 2023 ein absoluter Tiefstand für die östliche Teilfläche analysiert.

Inwieweit die ersten beleuchteten Defizite, insbesondere der äußerst komplex auf die Populationsdynamik schwindenden Qualitätszustände der Nahrungshabitate, nachhaltigen Einfluss nehmen, ist weiter zu verfolgen. Weitere entgegenwirkende Revitalisierungsmaßnahmen sind vor allem für das vorhandene Fließgewässernetz zu veranlassen. 

Ferner sind die im Zusammenhang stehenden und notierten Prognosen zur Mortalität der Altstörche während der Brutzeit aufgrund registrierter Missstände im interaktiven Raumnutzungsfeld der Schwarzstörche zwischen Brut- und Nahrungsareal nicht zu unterschätzen. Auch hier sind entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Neben der Einrichtung einer Nestschutzzone gelten parallel fortlaufende Quellmoor- und Bachsanierungen zu den wirksamsten Schritten hinsichtlich einer einzufordernden Stabilisierung und langfristigen Sicherung der hiesigen Schwarzstorchpopulation im Fichtelgebirge.   

Der generell hohe Zeitaufwand für die Erfassung von Schwarzstorchbrutplätzen lässt sich als "das Fundament" aber nur dann auch wirklich rechtfertigen und macht fachlich Sinn, wenn im fließenden Übergang die Brut- und Nahrungsstätten schlüssig analysiert und die jeweils aufgezeigten Defizite für einen nachhaltigen Schutz unserer Schwarzstörche rasch und sachbezogen abgestellt werden können.




Abb. 45/ 46: Auch der Weißstorch ist von den aufgeführten Gefährdungen (Freileitungen, Strommasten und Fischteiche) im UG akut betroffen. Die untere Aufnahme zeigt die erfolgreiche 3er-Brut bei Fichtelberg in 2023. Besonders bemerkenswert ist die Herkunft des Brutweibchens (Bild oben). Sie wurde 2015 nestjung von Helmut Eggers bei Gallin (LUP) in M-V beringt und brütete hier auf 630 m üNN erfolgreich (Ansiedlung 400 km, 170°).